Blog post #20: Was wäre wenn … wir schon existierende Alternativen wahrnehmen würden?

Gestern Nacht bin ich aufgewacht. Es war drei Uhr Früh. Im Traum hat ein alter Schulkamerad etwas verzweifelt gemeint, gäbe es doch nur schon Alternativen. Ich weiß nicht, ob noch im Traum oder schon im halbwachen Zustand – aber mir fielen zahlreiche Initiativen, Bewegungen, Alternativen ein. Keine Utopien, sondern bereits gelebte Realitäten. Allerdings bisher nur Realitäten einiger weniger. Donella Meadows (2010) sieht im Sichtbarmachen von Alternativen einen Hebelpunkt um Wandel herbeizuführen. Vielleicht nähern wir uns aufgrund aktueller Krisen und der eigenen Betroffenheit (im Sinne von Sorge um seine Liebsten und die eigene Gegenwart und Zukunft) jenem Moment, an welchem wir gewillt sind, inne zu halten. Vielleicht kommt uns durch Entschleunigung in den Sinn, auch mal links und rechts schauen zu dürfen. Vielleicht fangen wir an, unsere Umgebung anders wahrzunehmen. Anstelle mit höchster Geschwindigkeit voraus zu preschen, wahrzunehmen, was ist, und sich seine eigenen Gedanken zu machen, was sein könnte. Vielleicht bietet die Krise ein Korrektiv unserer Werte. Worauf kommt es uns wirklich an? Was brauchen wir wirklich, um ein gesundes und zufriedenes Leben zu führen? Was?

Lieder wie „Mister Johson“ von Jain entstehen nicht einfach so. Sie spiegeln viele von „uns“ wider.

Ja, viele von uns wollen es eigentlich anders haben. Aber … die Macht der Gewohnheit… Mangel bzw. eher Unsichtbarkeit von Alternativen.

Doch was, wenn wir nun endlich unsere Augen weit aufmachen anstelle sie zuzukneifen, vor Unbekanntem, vor Anderem, vor Neuem? Auch ich habe meine Gewohnheiten. Mit manchen zufrieden, mit manchen weniger. Veränderung verlangt Kraft. Und Mut. Und Willen. Und Zeit.

Vielleicht ist die Zeit gekommen. Leben wollen wir alle, vermute ich. Man wächst an der Aufgabe, so sagt man. Fehlt uns nur noch der Mut.

Lasst ihn uns einander zusprechen und in genau dieser Zeit wiederentdecken. Was haben wir zu verlieren?

Wenn wir nun unsere Routinen durchbrechen (müssen), wenn wir uns Zeit nehmen, um inne zu halten, vielleicht fallen uns wieder unsere (idealistischen, idyllischen, vielleicht naiv wirkenden Kindheits-) Träume ein. … vielleicht die Basis um neue Realitäten zu kreieren….

“Turn off your phone, and how do you feel? … So try to remember the dreams that we forgot ‚cos hope is not the answer if you keep your eyes wide shut. Rip down your routines, and where will you be? Like the rivers flow you will know which way to go …“ – Danke Bukahara

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Zurück zu meinem Traum. Ich hörte meinen Schulkameraden sagen „Ich wünschte, wir lebten auf einem Planeten, …“

…auf welchem Solidarität herrscht. Genau diese ist jetzt gefragt, in Zeiten vorgeschriebener Isolation. Und ich dachte „Aber Daniel, (wenn auch noch stark ausbaufähig!) – Solidarität – es gibt sie doch schon!“

Denkt man an Solidarische Landwirtschaft, im Englischen Community Supported Agriculture (hier ein paar Beispiele wie Nahversorgung gemeinsam organisiert wird). In Cambridge bin ich auf Community Supported Art gestoßen. Jeder Mensch hat eine Gabe, eine Fertigkeit, eine Eigenschaft, bzw. Kombinationen davon, die ihn einzigartig machen und mit welcher er sich in eine Gemeinschaft einbringen kann, die dieser wiederum zu Gute kommt.

Zurück zur Landwirtschaft, es gibt ein globales Solidaritäts-Netzwerk namens La Via Campesina, welches sich für eine zukunftsfähige, menschenwürdige, lokale Landnutzung einsetzt. Es gibt die weltweite Organisation WWOOF, welche kulturellen Austausch, Lernen und ökologischen Anbau und Landnutzung unterstützt, in dem sie unterschiedlichste Menschen um etwas Wesentliches zusammenbringt: lokale Ernährung. Es gibt eine Ökodorf– und Transition-Town-Gemeinschaft, die sich für zukunftsfähiges Leben auf diesem Planeten tatkräftig einsetzt, bzw. einfach nach diesen Werten Gegenwart und somit Zukunft gestaltet [Transition Town Initiator Rob Hopkins ist übrigens derzeit im Pioneers-of-Change Online Summit zu hören!]. Es sprießen Projekte rund um Geimeinwohlökonomie aus dem Boden, um unser Menschen-gemachtes Wirtschaftssystem wieder Menschen-würdig zu machen. Es gibt Unternehmen, die bereits diesen neuen Wirtschaftsweisen folgen (zum Beispiel GEA) und Wirtschaft nicht mehr als Selbstzweck, sondern als Mittel zum Zweck sehen, nämlich um „hauszuhalten“. Und das ist doch eigentlich etwas zutiefst Menschliches, oder etwa nicht? Cradle-to-Cradle und biodynamische Landwirtschaft denken in (natürlichen) Kreisläufen. Wenn das alles keinen Sinn macht…

Die Welt zu sehen wie sie „ist“, ist auch eine Wahl – und die liegt bei mir. Ob es auch anders geht, scheint in erster Linie eine Frage der Einstellung zu sein. Mit „gibt es nicht, also geht es nicht“ habe ich mich bisher noch nicht zufrieden gegeben. Ich glaube auch nicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, diese Sichtweise zu ändern.

Menschen bzw. Projekte, die sich dafür einsetzen, Zukunft auch anders sehen und gestalten zu können, sind zum Beispiel

Wandel ist eben nicht nur möglich. Er ist unterwegs. Und vielleicht ist es an der Zeit, zu überlegen, wie unsere Gesellschaft re-kultiviert werden kann, damit wieder Schönes auf ihr wächst.

Wer Lust und Interesse daran hat, gemeinsam an einer regenerierenden Kultur zu basteln – melde sich.

Die Geburtsstunde von ReCULT – recultivating society towards Regenerative CULTURES ist gekommen.

Bleib gesund. Und vorsichtig. Mutig zu sein sehe ich nicht als Widerspruch. Denn Mut, hat mir eine Freundin mal geschrieben, kann folgendermaßen verstanden werden:

„Mut bedeutet nicht, ausgefallene Dinge zu tun, sondern seine Angst zu überkommen.“

Wagen, (anders) zu denken – das kann ich JETZT sofort machen.

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Nachweise:

“So how do you change paradigms? […] You keep pointing at the anomalies and failures in the old paradigm. You keep speaking and acting, loudly and with assurance, from the new one. You insert people with the new paradigm in places of public visibility and power.”

Donella Meadows (2010): Leverage Points: Places to Intervene in a System. In Solutions, Vol. 1, Issue 1, pp. 41-49. https://www.thesolutionsjournal.com/article/leverage-points-places-to-intervene-in-a-system/

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Es sollte hier noch erwähnt werden, dass ich mich in der privilegierten Lage befinde, mir in gesundem Zustand und ohne Existenzängste jene Gedanken machen zu können. Ein DANK all jenen, die sich gerade unermüdlich um das Wohlergehen unserer Mitmenschen kümmern!

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